Vereinigten zu Tamsweg
Die Vereinigten zu Tamsweg sind eine Bruderschaft, welche alle ihre Mitglieder zusammenführt und vereint, mit dem Ziel, alles zu tun, um das gegenseitige Verstehen zu fördern und zu wahren, Gott zu achten, um dem Wohle unserer Heimat Tamsweg zu dienen. So lautet ein Leitspruch der Vereinigten, die 1737 als Bruderschaft von drei Tamsweger Bürgern - vom Riemer Johann Georg Kopfmüller, dem Binder Jakob Ferner und dem Weißgerber Johann Josef Löcker - gegründet wurde.
Die Geschichte der Vereinigten
Die Bestimmung war, alle jene Tamsweger Gewerbetreibenden, die zu keiner Tamsweger Handwerksinnung (Zunft) gehörten, zu vereinen und jeweils am ersten Dienstag nach Fronleichnam einen feierlichen Jahrtag abzuhalten. Dabei waren sowohl die Einverleibungsgebühr, das Auflagegeld und sonstige Verpflichtungen der Mitglieder besonders bei Beerdigungen von Mitbürgern genau geregelt. Die heute gültigen Statuten und Richtlinien der Gemeinschaft stammen im Wesentlichen aus dem Jahr 1767 und wurden 1786 wiederum erneuert.
War der ursprüngliche Zweck ein praktischer und religiöser, so gesellte sich zunehmend auch die Pflege der Geselligkeit hinzu. Wir finden heute während einer ganzen Woche im Jänner, in der die sogenannte "Vereinigtenoktav" abgehalten wird, altes Brauchtum mit feierlichem Gottesdienst am Jahrtag, die alle drei Jahre stattfindende feierliche Einweihung eines neuen Kommissärs und den mit dieser Wahl verbundenen Festumzug, sowie strenge Regeln der Vereinigten und humorvolles Treiben eng miteinander verbunden.
ANDINGEN – 01.01.2023
Beim jährlichen Andingen richtet der aktuelle „Kommissär“ an alle Vereinigten die Frage, ob dieses Jahr wieder ein Jahrtag abgehalten werden sollte, welche selbstverständlich von allen mit einem klaren „Ja“ beantwortet wird.
Im Weiteren werden beim Andingen der Umfang und Preis des Bruderschaftsmahles besprochen, sowie ggf. ein neuer Kommissär, oder Junggesellenpräses (alle 3 Jahre) gewählt. Auch alle anderen Ehrenämter werden an diesem Tag vergeben. Als „einstimmig gewählt“ gilt jener, bei dem der Applaus der Vereinigten nicht abbricht. Nach einer Kommissärswahl brechen die Bürgermusik und Junggesellen auf, die Frau des Neugewählten einzuholen.
Festumzug - 22.01.2023
Alle drei Jahre wird zu Ehren eines neugewählten Kommissärs ein Festzug ausgerichtet. Beim Vereinigten-Festzug dient der ganze Aufwand in erster Linie der Huldigung des Kommissärs. Dementsprechend nehmen auch viele Wagenaufbauten und Figuren Bezug auf das Leben und den Beruf des Kommissärs sowie seiner Familie. Jeder Vereinigte kann beim Festzug mitmachen. Wie schon bei der Bruderschaftsprang der Leonhards-Bruderschaft die einzelnen Handwerkszünfte ihre Wagen gestaltet haben, so gestalten auch heute die Gewerbe der Zimmerer, Maurer, Maler usw., und andere Berufs- und Interessensgruppen, wie der Wirtschaftsverein, die Lehrer, die Beamten der Bezirkshauptmannschaft sowie der Marktgemeinde, die Liedertafel u.v.ä.m. ihren eigenen Festwagen.
BÄRENVESPER – 23.01.2023
Montagabends findet die Vesper – die Vorabendfeier – statt. Voran gehen fünf Trommler, denen der Junggesellenpräses und seine Schar folgen. Die drei Bären und das Faschingsrößl sind auch mit dabei. Von der Herberge führt der Weg die Amtsgasse hinauf, an der Bezirkshauptmannschaft vorbei, und zurück zum Haus des Altkommissärs Johann Schintlmeister, wo sie schon erwartet werden. Junggesellen und Trommler bilden einen Kreis und nehmen die Bären und das Faschingsrößl in die Mitte. Auf die Frage des Junggesellenpräses: „Junggsön, seid´s alle da?“ antwortet der Chor laut und deutlich „Ja!“. Daraufhin verkündet der Junggesellenpräses: “Einen Ehrentanz für den Herrn Altkommissär!“ Die Trommler beginnen die Trommel zu schlagen, die drei Bären hüpfen im Kreis. Das Faschingsrößl springt leichtfüßig um die drei herum, wobei die Glöckchen und Schellen am Hals lustig bimmeln. Jeder bekommt einen kleinen Trunk und eine kleine Jause. Unterwegs kommen auch die Mädchen nicht ganz ungeschoren davon, was mit viel Gekreische und Gekicher verbunden ist. Dieses oben beschriebene Zeremoniell wiederholt sich auch an den weiteren Stationen.
Danach geht es zurück zur Herberge. Inzwischen haben sich die verheirateten Vereinigten dort eingefunden. Sie warten in der Gaststube der Herberge zusammen. In der Zwischenzeit hat die Bürgermusik zur Freude aller ihr Spiel begonnen. Unter den Klängen des Prebermarsches ziehen Kommissär, Altkommissäre Bischof und Kassier in den Saal und nehmen am Kommissärstisch Platz. Das Faschingsrößl tanzt herum, die Bären schlagen ihre Burzelbäume. Anschließend tanzen sie einen Ehrentanz für die Kommissäre und für alle Vereinigten, wozu die Tamsweger Bürgermusik die Bärenpolka spielt. In der Zwischenzeit hat der Bischof die Festroben angelegt und betritt neuerlich den Saal, begleitet von seinen drei Leviten. Symbolisch segnet er mit seinem „Tattel-Szepter“ alle Vereinigten. Spät in der Nacht geht die Vesper zu Ende.
KIRCHGANG, HOHER FESTTAG – 24.01.2023
Der Dienstag der Festwoche ist der wichtigste Tag der Woche. An diesem Tag wird der Jahrtag, das hohe Fest der Vereinigten, gefeiert. Die Geschäfte der Woche ruhen, und es ist eine freudige erfüllte Pflicht der Vereinigten, den Jahrtag gemeinsam zu begehen. Das Amt für die lebenden und Verstorbenen Vereinigten. Am Dienstag früh um halb Zehn trifft man sich vor der Herberge zum gemeinsamen Kirchgange „im besten Gewande“ wie im „Bruderschaftsbuechlein 1738“ geschrieben steht.
Die Kommissäre tragen Überrock und Zylinder; der amtierende Kommissär hat das große goldene Hufeisen angesteckt, die Altkommissäre ein kleineres silbernes. Die verheirateten Vereinigten tragen eine rote, die ledigen Burschen und die Kommissäre Nelke am Revers. Die Verheirateten sollten den „Buschn“ rechts angesteckt haben, die Ledigen links. Die Tamsweger Bürgermusik eröffnet den Zug in die Pfarrkirche. Um zehn Uhr beginnt das Amt. Es ministrieren Vereinigten-Junggesellen. Für den musikalischen Rahmen sorgt die Liedertafel, die sich ja größtenteils aus Mitgliedern des Vereinigten zusammensetzt, und die mit dem Lied „Wohin soll ich mich wenden“ das Hochamt eröffnet. Mit den Worten „Ich möchte Euch alle, liebwerte Vereinigte, recht herzlich begrüßen, und diesen Gruß zusammenfassen in dem biblischen Gruß der Allerheiligsten Dreifaltigkeit von Gott unserem Vater, dem Herrn Jesus Christus, dem Heiligen Geist, er sei mit Euch“, beginnt Herr Dechant das Hochamt. Nach dem Amt spielt die Tamsweger Bürgermusik den langen Zug zurück zur Herberge.
MASKERA – 25.01.2022
Am Mittwoch um etwa zwei Uhr nachmittags treffen sich die Vereinigten maskiert bei der Herberge, um im weiteren Verlaufe die Runde durch alle Gasthöfe, den Dechantshof und die Kommissärshäuser zu machen. Zu beachten ist, dass diesmal die Reihenfolge entgegen dem Uhrzeiger gilt.
Die Bezirkshauptmannschaft und so manches Bürgerhaus sind ebenfalls gastfreundlich geöffnet. In früheren Zeiten wurde auch den Patienten im Krankenhaus ein Begrüßungsständchen gebracht. Geschlossen sind jedoch Ämter, Geschäfte und Banken. Beim „Maschgera“ sind alle Vereinigten mit Getränk und Esse freigehalten.
GESTRIGEN TAG SUCHEN, GELDBEUTEL WASCHEN – 26.01. & 27.01.2023
Die Junggesellen ziehen Donnerstagabends mit Laternen und Lampignons ausgerüstet heulend und jammernd mit allerlei Lärmgeräten durch den Markt und trauern dem allzu früh vergangenen „Gestrigen-Tag“ nach.
Dabei werden wieder die gastlichen Stätten aufgesucht, wo man sie mit Speis und Trank labt. Das Geldbeutelwaschen am Abend des Freitags werden die Geldbeutel einer gründlichen Reinigung unterzogen. Die Burschen ziehen mit einem „Waschwandl“ von Haus zu Haus und bejammern ihre leeren Geldtaschen. Sollte ihnen wider Erwarten ein weibliches Wesen über den Weg laufen, so kann es passieren, dass es irrtümlich auch einer Generalreinigung unterzogen wird. Damit ist die Festwoche der Vereinigten beendet und Ruhe kehrt wieder in alle Häuser.
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