Seuchen, Hungersnot und Armut
Es gilt als gesicherte Erkenntnis der Geschichte der Hexenprozesse, dass Klimaverschlechterungen im direkten Zusammenhang mit der Hexenverfolgung standen.
Das Überleben der damaligen Gesellschaft hing vom erfolgreichen Ackerbau ab. Man fürchtete kaum etwas mehr als einen Ernteausfall. Schwere Hagelstürme, Unwetter und Überschwemmungen, extreme Trockenheit und Schnee im Sommer sah man als Strafe Gottes an. In der Frühen Neuzeit kam es öfters zu solchen Wetterphänomenen, für das die Hexen die Schuld bekamen. Woher sollte man sich denn erklären, dass das eigene Feld vom Hagel zerstört wurde, das des „lästigen“ Nachbarn aber heil blieb? Dieser Wetterzauber (incantatio tempestatum) galt also als eine gefürchtete Geheimkunst von Hexen und damit als Werk des Teufels. Mit allerhand Zeichen, Symbolen oder Talismanen versuchte man das Unheil abzuwenden. War ein schweres Gewitter im Anzug, so wurden die Kirchenglocken geläutet, um die Dämonen und Hexen in den dunklen Wolken zu verjagen. Drudenmesser wurden in die Erde gesteckt, um es regnen zu lassen. Wetterkreuze errichtet oder ein Drudenfuß (das Abwehrzeichen gegen böse Dämonen) auf Tische oder Wiegen geschnitzt. Konnte ein Unwetter abgewendet werden, oder regnete es nach langer Trockenheit wieder, so war das ein Zeichen für die damalige Bevölkerung, dass der Zauber abgewehrt wurde und Gott wieder die rechte Ordnung hergestellt hat. Gelang es nicht, so war es schlicht die Naturgewalt.
Exkurs - Sturm auf die Kauziner im Lungau
Der folgende Exkurs hat weniger mit der Hexenverfolgung zu tun, er zeigt vielmehr auf, wie der Aberglaube zu tätlichen Handlungen führen konnte:
Der Fronleichnamstag des Jahres 1645. Die Stimmung der Mariapfarrer und St. Andräer Bauern war aufgeheizt. Als sie nach dem Ende der großen Prozession hinter den Bierkrügen saßen, da tuschelten manche Gruppen so halblaut und verstohlen miteinander, spannen böse Gedanken und Absichten. Höchst unzufrieden waren sie. Die Steuerschraube war durch den Landesfürsten Paris Lodron arg angezogen worden. (Für die Bewahrung des Friedens im Erzbistum Salzburg vor dem 30jährigen Krieg wurde von Paris Lodron viel Geld aufgewandt). Dazu kam im Lungau noch, dass es schon lange nicht mehr geregnet hatte, so dass die Bauern auch noch um die Ernte bangen mussten. Das war in diesem Jahre umso tragischer, weil es auch in den vorangegangenen Jahren bereits Missernten durch Reif gegeben hatte. Da musste aber nach Ansicht der Bauern jemand die Schuld daran haben. Und sie vermeinten es nun zu wissen: Schuld seien die Kapuziner, die gerade in Tamsweg ihr Kloster bauten! Sie hätten in den Grundmauern Zaubermittel vergraben, damit diese den Regen abhielten und so der Bau ungestört vor sich gehen könne. Beim Bau des Kapuzinerklosters in Wien sei auch ähnliches beobachtete worden. Ein rotes Männlein mit weißem Bart, habe den Bauern dazu geraten, den Neubau ausgiebig mit Wasser zu übergießen, um diesen Wetterzauber abzuwenden. Nach Ansicht der Bauern war seit Ankunft der Kapuziner kein gutes Erntejahr mehr gewesen. Sie galten auf einmal als Zauberer und Hexer und man schob ihnen die Missernten der letzten Jahre zu. Am Abend dieses Tages versammelten sich einige Dutzend Bauern, um Rache an den Kapuzinern zu nehmen. Unter Anführung des Blasius Hinterberger, Schröckerbauer in Bruckdorf, rückten sie mit Säblen, Stöcken und Trommelschlägen gegen Tamsweg aus. Die wütende Menge war auf dem Weg von Mariapfarr nach Tamsweg auf ca. 150 Personen angewachsen. Ein Teil der Rebellen drang in den Markt ein und fiel zunächst mit „schrecklichem Wüten, Fluchen, Schelten und Gotteslästern“ über das Wohnhaus der Kapuziner her, warf ihnen die Fenster ein und drohte ihnen mit dem Umbringen. Dann zog die Horde zur Baustelle des neuen Klosters, durchbrach die Umzäunung, zertrümmerte die Mörteltruhen, leerte die Wasserfrenten aus und stürzte den Marktrichter Blasius Lassacher, der sich dagegen ins Zeug legen wollte, in einen Wassertrog. Die wild gewordenen Bauern drohten den tamsweger Bürgern mit Brandlegung und dem Totschlagen der Kapuziner. Nach der ausgiebigen Begießung der Grundmauern beruhigten sich schließlich doch die Gemüter und die Bauern zogen nach dieser nächtlichen Untat wieder ab. Der Mooshamer Pfleger musste einen genauen Bericht über diese Vorfälle an den Landesfürsten Paris Lodron schicken.
Quelle: Josef Schitter, Heimat Mariapfarr und Klaus, Josefine und Anton Heitzmann, Tamsweg, die Geschichte eines Marktes.
Wie es dazu kam, wie die Gerichtsordnung ausschaute, welche Verbrechen den vermeintlichen Hexen und Zauberern angelastet wurden und wer hinter den Verfahren, den Delinquenten und den Richtern stand, wie ein Prozess ablief und welche Leiden die Gefangenen über sich ergehen lassen mussten kann man auf den Informationstafeln am Richtstättenweg Passeggen nachlesen.